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Newsletter: 02/2014 Gedanken aus dem Monat der Stille


liebe chante etan freunde und interessierte

einmal mehr jährt sich für mich der februar , mein monat der stille. meine zeit zum reflektieren und sein , den gedanken flügel zu schenken und dem ewig drehenden rad im kopf etwas einhalt zu geben.

heute ist valentinstag ; der tag der liebe oder der sterbenden blumen. ich sitze in einem strassenkaffe auf der insel vieques , welche zu den amerikanischen antillen gehört. die bezaubernde , türkisblaue karibik , alles ist farbig und bunt , voller licht , das sanfte meer rauscht über den horizont. verliebte tragen rote plastikherzen mit geschenken über den platz. es wird gelacht , kinder spielen , es ist warm , einfach nur schön , ein hauch des lebens in seiner tiefsten farbe. ich selbst konnte nie viel anfangen mit den thema-tagen , welche sich durchs jahr hindurch verteilen. eine anekdote kommt mir in den sinn , wie ich einmal blumen gekauft habe am valentinstag für meine mama. ich glaube ich habe da die tage verwechselt , als ich diese im korb meines fahrrades deponierte um schnell etwas einzukaufen , hat sie jemand gestohlen. ob diese blumen wohl glück und liebe gebracht haben , fragte ich mich.

ich schlendere zum strand , oohh wie ich es liebe , das meer , und doch lebe ich so weit weg davon , aber auch nicht. die dakotas ; ein meer von ewigem gras.
einst lebten auf diesen inseln eine nation indigener menschen welche sich tainos nannten. es waren bauern , künstler und fischer. anthropologen schätzten ihre zahl auf mehrere zehntausend. nachdem kolumbus im jahre 1492 auf diesen inseln landete , nannten sie diese „indios“. indios aus dem spanischen übersetzt „mit gott“ lebende. diese menschen , welche nach berichten in einem engen sozialen netz , verstrickt mit der flora und fauna ihrer inseln , im paradies lebten. eben „in dios“ mit gott eins waren. der ausdruck indios bzw. indianer hat nichts damit zu tun , dass kolumbus meinte sie seien in indien gelandet , zumal das land indien bzw. der name davon , in dieser zeit noch gar nicht existierte. 1527 waren die letzten „in dios“ tainos tot , versklavt , vergewaltigt oder ermordet. was blieb war ihr ausdruck für die kraft dieser region , huracán (hurrikan).
ich werde still , irgendwie in mir drin bin ich so müde , so tiefst müde. aber mit dem gefühl der dankbarkeit in diesem wunderschönen land USA zu leben , welches sich von den gletschern alaskas bis zum weissen sand unter den palmen im stillen meer (was „karibik“ heisst) erstreckt. in einem land wo ich zuhause bin , ohne grenzen , tumulte und kriege. warum funktioniert das , denke ich ; ja klar , weil man alle indigenen nationen , welche auf diesem kontinent einst lebten , entweder ausgerottet oder kolonialisiert hat , wie auch die lakotas , aber das ist nun geschichte , lernen wir daraus.
die europäische union wäre wohl auch eine super idee , aber man müsste zuerst einmal all die eingeborenen (griechen, italiener, franzosen, belgier und wie sie alle heissen) zum schweigen bringen.
oh je , ich glaube ich habe zu viel sonne abgekriegt…. und was heisst schon paradies? gestern wollte ich mir eine kokosnuss von einer palme runterholen , wie in alten zeiten , und bin dabei abgestürzt. da lag ich nun auf meinem rücken , mit weit ausgestreckten armen und dachte mit einem schmerzverzehrten lachen an einen anderen thema-tag , ostern.

ich sitze an meinem tisch , zurück in den black hills. draussen warten hirsche welche ich im winter füttere. ihr leben , so hart und doch so einfach , im gegensatz zu uns menschen. sind wir nicht immer auf der suche nach erfüllung und geborgenheit , mit der illusion geld , karriere , haus , kind und hund wird es richten? ansonsten finden wir schon jemand der schuld ist am verlorenen paradies. oft frage ich mich selbst , habe ich dieses verpasst oder verloren? als abenteurer , familienmann , indianer oder pirat? oder vielleicht einfach nur als spiessbürger? manchmal weiss ich es nicht richtig , aber es ist ein privileg wenn man sich hinterfragen darf.

vor kurzem habe ich den neuen film von robert redford gesehen. „all is lost“ alles ist verloren. ein schiffbrüchiger segler in der weite des ozeans , der alles gibt seinen traum umzusetzen , sein traum , zu überleben. takini , sagen die lakota. die kunst zu überleben ohne verrückt zu werden (wie zum beispiel auf den schweizer strassen). ein meisterstück , zwei stunden inspiration ohne gesprochene worte.

als ich in den 80er jahren an einem freiwilligen projekt im pine ridge reservat mitarbeitete , und oft an meinen idealen zweifelte , nahm mich ein alter lakota mann zur seite und flüsterte mir zu , „never give up to dream , dream is life“. frank fools crow war sein name. „gib niemals auf zu träumen , der traum ist das leben“.
jemand der mir sehr nahe ist , in den 40er jahren jung , hat mir mitgeteilt , ihr krebs sei am wachsen. sie nehme es an mit hingabe , aber nicht aufgabe. „ich danke dir für deine hilfe“, sagte sie weiters. hilfe? denke ich ; sind wir nicht alle ein kleiner schatten in der schönheit des seins , welchen wir mit der kraft und verantwortung unseres schicksals mit einem körper füllen sollten.
„never give up“ flüstert das meer , der wald , die berge und die weite. schlussendlich liegt das paradies nicht unter den palmen sondern mitten in unseren herzen. jeder tag ist valentins-, mutter-, vater-, erde-tag und wie sie alle heissen. jeder tag… bis das leben schläft.

ich danke euch für eure kraft , euer vertrauen und freue mich auf die kommenden workshops und chante wakan reisen.

good night and good luck !

chante eta’n (vom herzen)
charly juchler 

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