Logo

Newsletter: 07/2014


liebe Chante Eta’n freunde und interessierte,

es ist der 4. juli hier in den hesapa, den black hills im lakota land. was fuer ein fantastischer morgen. ich habe die natur selten so grün und saftig erlebt nach all dem suessen regen den wir hatten. mein tipi camp liegt im strahlen der ersten morgensonne. blauvoegel spielen mit ihren jungen und jagen zwischen dem hohen gras hindurch waehrend sie die hasen belaestigen, welche genuesslich ihr fruehstueck verschlingen und im glitzernden morgentau umherhoppeln.

ich bin ja gar kein morgen-mensch, aber das leben hier draussen zieht mich an meinen kurzen haaren aus dem bett heraus. meine gedanken wandern durch die vergangenen monate und rasten an so vielen eindruecken und momenten, welche ich auf meinen zwei ersten themareisen zusammen mit feinen menschen erleben durfte.

die themareise „Ghost Dance“, welche uns auf den spuren einer lakota delegation von 1889 durch den weiten suedwesten zum paiute reservat in nevada fuehrte. eine reise durch die sagenhaftesten landschaften, welche uns immer wieder mit dessen menschen von neuem beruehrten. ich habe den teilnehmern eine reise angeboten, welche nicht nur die aeusseren schoenheiten sondern auch die moeglichkeit der inneren bewegung, des geister-tanzes in uns selbst betrachten laesst. nie haette ich erwartet wie sehr es mich selbst bewegt. Ich!, soweit gereist in meinem leben und doch ertappte ich mich oft in der enge meines denkens und wie diese meine wahrheit erfasst.
unsere apachenfuehrer zeigten mir in den drachenbergen das versteck und den schlafplatz von geronimo. ich war ueberwaeltigt... meine faszination zerbrach als ich erfahren musst, dass geronimo nebst einem tapferen krieger nicht mehr war, als ein vom leben gezeichneter moerder, welcher aus jaehzorn seine eigenen leute umbrachte weil sie ihm zum beispiel kein pferdefleisch zum essen bieten konnten. alle verehren geronimo, nur die apachen nicht. ich habe mich fast etwas geschaemt.

wir kamen an im walker river paiute reservat, wo der geistertanz-fuehrer wovoka gelebt hat und von da aus seine vision verbreitete. sein traum: tanzt damit das leben lebt , sodass die bueffel zurueckkommen, die gier des weissen volkes verschwindet ,und die farben des lebens einen neuen glanz erhalten. die vision des geistertanzes endete und zerbrach in dem kleinen tal von wounded knee.

jim yellowhawk und ich selbst stehen am grab von wovoka. wir schauen richtung westen wo die gewaltigen berge der sierra nevada ueber das sanfte tal der paiute wachen. wir sind umgeben von unseren freunden, claude jaermann und christian heeb, den wunderbaren reiseteilnehmern und des stammesrates der paiute, in deren mitte die enkelin von wovoka sitzt. selten habe ich soviel wuerde, weisheit und frieden gesehen wie in der schoenheit dieser 86 jaehrigen frau. ich bin zutiefst beruehrt ueber diesen moment, welcher sich in meinem herzen praegt als wo-lakota, oder frieden.
jim und ich singen zu ehren wovokas und seiner vision unsere lakota lieder. sein traum war dieser des gewaltfreien protestes, des gebetes mit der freisetzung positiver energie durch den tanz, so dass die bueffel wieder zurueckkommen, die lieder erstarken und die menschen wieder reisen koennen wohin sie wollen. nach ueber 100 jahren ist seine vision in einer neuen form und mit hoffnung in erfuellung gegangen. die bueffel sind wieder da und mit ihnen die lieder, sowie die weite des lebens. wir alle die da sind am grab wowakas nehmen uns an der hand und tanzen zum lied des paiute saengers einen geistertanz (rundtanz).
lakotas, deutsche, schweizer, paiutes, wir tanzen nicht zu ehren wovokas, sondern seiner missverstandenen vision des gewaltfreien wiederstandes durch die kraft der gedanken und gefuehle.
alle verachten wovoka, nur die paiutes nicht. ich habe mich fast etwas geschaemt.

basieren die konflikte des lebens in unseren familien, freundschaften, beziehungen nicht oft aufgrund von missverstaendnissen und den vorschnellen entscheidungen welche wir treffen, waehrend wir denken wir seien weise und wissend?
wir haben augen und wollen oft nicht sehen, wir haben ohren und wollen oft nicht hoeren und wir haben einen mund der viel redet aber nichts sagt.

ich verachtete wovokas vision aufgrund der tragik die er ausloeste, welche zu wounded knee fuehrte, weil ich nicht wusste...
heute am 4. juli vor viiiiielen jahren war ein tag den ich immer in erinnerung halten werde. nord-norwegen; als aktivist habe ich mich an einer harpunen-kanone festgekettet und so mit anderen zusammen die ganze kommerzielle walfangflotte in tromso am auslaufen gehindert.
ich wurde bespuckt, geschlagen und verflucht von leuten, welche mit kanonen auf tiere schiessen. jeden einzelnen dieser individuen haette ich am liebsten umgelegt aber nebst den strafrechtlichen konsequenzen waehre ich schlussendlich nicht besser gewesen als diese leute welche ich beschaemt habe. in der lakota kultur nennt man diese art und weise des beschaemens einen coup schlagen. das schlimmste was einem menschen wiederfahren kann ist keine wuerde zu haben. so wie diese „walfaenger“, welche fuer ein paar dollar das rueckenfleisch den japanern verkaufen und den rest der meeressaueger ins meer zurueckschmeissen.
die gedanken kreisen an diesem bezaubernden sommermorgen.

meine zweite thema reise „Spirit“ ging erst vor einigen tagen zu ende. eine schoene, intensive reise im bewusstsein der lakota spiritualitaet. eine junge frau nutzte diese zeit um kraft und energie zu schoepfen fuer ihre bevorstehende sechsmonatige chemotherapie. „ich bin bereit, was auch immer passieren mag , es ist gut so“ hat sie mir dankend in die umarmung gelegt.

ja die gedanken...ich kann sie nicht fassen, aber in meinem herzen erblueht das bewusstsein und die kraft inspiriert durch die wuerde dieser jungen frau welche ich nur in die worte fassen kann: in the spirit of wovoka.

ich wuensche euch allen einen wunderbaren sommer und bedanke mich fuer eure zeit.

chante eta’n, charly juchler

p.s.: mein freund claude jaermann hat als redaktionsmitglied und journalist eine reportage ueber die Ghost Dance reise verfasst aus der perspektive von jim yellowhawk. nachzulesen im magazin „spuren“. jetzt erhaeltlich am kiosk bis ende august.

p.p.s.: meine schwester bettina ambuehl ist mit neuen plaenen und lakota kunsthandwerk wieder aus den Black Hills in der schweiz zurueck. sie laedt euch von herzen in ihrem schoenen zuhause im toesstal zu ihren open-day events ein. 

Top